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LAG Hamm: Abgrenzung zwischen selbstständigem Handelsvertreter und Arbeitnehmer

Die Abgrenzung zwischen einem selbstständigen Handelsvertreter und einem abhängig Beschäftigten ist mitunter schwierig. Entscheidend ist nicht nur, ob ein Handelsvertretervertrag oder ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, sondern vor allem auch wie die vertraglichen Inhalte in der Praxis ausgefüllt werden. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. Juni 2016. Ein entscheidendes Kriterium für die Tätigkeit eines Handelsvertreters ist demnach auch, dass er seine Arbeitszeit selbst einteilen kann (Az.: 14 Sa 936/17).

„Ob ein Handelsvertreter als Selbstständiger oder Arbeitnehmer einzustufen ist, hat in vielerlei Hinsicht rechtliche Konsequenzen, beispielsweise im Hinblick auf seine Sozialversicherungspflicht oder auch bezüglich seiner Rechte und Pflichten“, sagt Rechtsanwalt Dr. Joachim Albertz, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei MBK Rechtsanwälte.

Grundsätzlich schließt ein Handelsvertreter zwar unter fremden Namen Geschäfte ab, dennoch betreibt er ein eigenständiges Gewerbe. Das bedeutet auch, dass er Zeithoheit über seine Tätigkeit genießt und hinsichtlich seiner Zeiteinteilung nicht weisungsgebunden ist.

In dem Fall, den das LAG Hamm zu entscheiden hatte, war diese Zeithoheit nicht gegeben. Zwischen einem Unternehmen und einer Mitarbeiterin bestand ein schriftlicher Handelsvertretervertrag. Das Unternehmen betrieb ein Callcenter, um Termine mit Kunden zu vereinbaren. Die Handelsvertreter konnten an dem Callcenter teilnehmen, mussten sich aber strikt an die vorgegebene Terminplanung halten. Das führte soweit, dass die klagende Mitarbeiterin Termine für den 3. Oktober, einem gesetzlichen Feiertag, erhielt. Die Frau teilte darauf hin mit, dass sie an Feiertagen nicht arbeite. Das entsprach offenbar nicht der Firmenphilosophie. Nur für Sonntage würden keine Termine vereinbart. Die Mitarbeiterin sollte daher ihre Zeit bis zum Jahresende planen, um derartige Terminabsagen zu vermeiden. Offensichtlich war die Mitarbeiterin aber schon in Ungnade gefallen und kurze Zeit später wurde der Handelsvertretervertrag mit ihr gekündigt.

Dagegen wehrte sie sich. Mit ihrer Klage begehrte sie die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Die Klage hatte Erfolg. Unter Berücksichtigung aller Umstände kam das LAG Hamm zu der Überzeugung, dass zwischen den Parteien trotz des geschlossenen Handelsvertretervertrags ein Arbeitsverhältnis bestand. Das begründete das LAG damit, dass es im Wesentlichen an einer freien Zeiteinteilung fehle. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung nicht beendet worden.

„Unternehmen sollten darauf achten, dass sie Handelsvertreterverträge nicht nur rechtssicher gestalten, sondern sie auch in der Praxis entsprechend mit Leben füllen. Ansonsten kann aus einem Handelsvertreter ein Angestellter mit allen rechtlichen Folgen werden“, so Fachanwalt Dr. Albertz.

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