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Neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts – Kein Urlaubsverfall ohne Hinweis des Arbeitgebers

Nach § 7 Abs. 3 BurlG muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung auf das nächste Kalenderjahr ist nur möglich, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers (z. B. Krankheit) liegende Gründe dies rechtfertigen. In diesem Fall erlischt dann der Urlaubsanspruch am 31.03. des folgenden Kalenderjahres.

Diesem automatischen Verfall des Urlaubs hat nun das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 19.02.2019 Az.: 9 AZR 541/15 eine Absage erteilt.

Nachdem bereits der Europäische Gerichtshof in einem Urteil vom 06.11.2018 festgestellt hatte, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Beendigung des Urlaubsjahres klar und rechtzeitig darauf hinweisen müsse, dass er seinen Urlaub im Kalenderjahr noch zu nehmen habe, wurde dies nunmehr durch das BAG bestätigt. Das BAG macht in seinem Urteil deutlich, dass es dem Arbeitgeber weiter vorbehalten ist, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Der Arbeitgeber sei danach auch nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren – ihm also quasi aufzuzwingen. Allerdings trifft den Arbeitgeber wegen des Artikels 7 Abs. 1 der EU-Arbeitszeitrichtlinie die Pflicht, hier initiativ zu werden, damit der Arbeitnehmer dem ihm zustehenden Jahresurlaub –möglichst noch im Urlaubsjahr- auch verwirklicht. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, verfällt der Urlaub nicht.

Empfehlung: Zukünftig ist also dem Arbeitgeber zu empfehlen, den Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen und darauf hinzuweisen, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder bis zum 31.03. des Folgejahres erlischt. Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Albertz empfiehlt, spätestens zum Ende des 3. Quartals des Kalenderjahres den Arbeitnehmer aufzufordern, den ihm noch zustehenden Resturlaub bis zum 31.12. zu nehmen. Dies kann in der Praxis durchaus mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung, z. B. im September des laufenden Jahres, erfolgen. Die Mitteilung ist aber auch per E-Mail oder schriftlich möglich; der Arbeitgeber muß im Zweifel nachweisen, dass der Arbeitnehmer diese Information auch tatsächlich erhalten hat.

Dr. Joachim Albertz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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BAG zur Kündigung nach Auswertung von Videoaufnahmen

Das Bundesarbeitsgericht hat zum Themenkomplex “Arbeitsrecht und Datenschutzrecht” ein interessantes Urteil gesprochen und mit Urteil vom 23. August 2018 die Verwertung von Videoaufzeichnungen als Beweismittel erleichtert (Az.: 2 AZR 133/18).

Das BAG entschied in dem konkreten Fall, dass Bilder aus einer offenen Videoüberwachung, die älter als sechs Monate sind, immer noch als Beweismittel bei einer fristlosen Kündigung herangezogen werden können. Auch eine so späte Auswertung des Videomaterials sei verhältnismäßig. Demnach können Arbeitgeber Bilder ihrer eigenen Überwachungskamera nutzen, um Straftaten der Mitarbeiter aufzuklären.

Konkret ging es um Diebstähle in einem Tabak- und Zeitschriftenhandel. Dort hatte der Betreiber einer offene Videoüberwachung installiert, um sich vor Straftaten zu schützen. Als der Bertreiber im dritten Quartal 2016 einen gewissen Warenschwund feststellte, schaute er sich die Videoaufzeichnungen genauer an. Die Bilder belegten, dass eine Mitarbeiterin im Februar 2016 „in die Kasse gegriffen“ hatte. Darauf hin erhielt sie die außerordentliche fristlose Kündigung.

Ihre dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte vor dem Landesarbeitsgericht Hamm zunächst Erfolg. Das LAG entschied, dass die Videoaufzeichnungen nicht verwertet werden dürfen, da sie unverzüglich hätten gelöscht werden müssen. Das BAG kippte dieses Urteil jedoch und verwies den Fall zur neuen Verhandlung an das LAG Hamm zurück. Sofern die Bilder aus einer rechtmäßigen offenen Videoüberwachung stammen, dürften sie als Beweis herangezogen werden. Das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiterin werde dadurch nicht verletzt, so die Erfurter Richter. Der Arbeitgeber müsse das Videomaterial nicht umgehend auswerten, sondern dürfe damit solange warten, bis er einen berechtigten Anlass dafür sehe. Sollte daher die Videoüberwachung rechtmäßig erfolgt sein, stünde auch die seit dem 25. Mai 2018 geltende Datenschutzgrundverordnung einer gerichtlichen Verwertung der Aufzeichnungen nicht entgegen, entschied das BAG.

„Öffentlich zugängliche Verkaufsräume dürfen zum Schutz vor Straftaten von Videokameras überwacht werden. Dabei kann es auch um Straftaten der Mitarbeiter gehen. Die Videoüberwachung muss aber für Kunden und Mitarbeiter erkennbar sein. Umstritten ist, zu welchem Zeitpunkt die Aufnahmen gelöscht werden müssen. Mit der aktuellen Entscheidung hat das Bundearbeitsgericht die Rechte der Arbeitgeber gestärkt“, sagt Rechtsanwalt Dr. Arne Kaumanns, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei MBK Rechtsanwälte

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EuGH: Anspruch auf Urlaub verfällt nicht automatisch

Es ist gängige Praxis, dass der Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub im laufenden Kalenderjahr nehmen soll. Auf Antrag kann der Urlaub in der Regel ins Folgejahr übertragen und muss dann bis zum 31. März genommen werden. Wurde der Urlaub bis dahin nicht beantragt, galt der Urlaubsanspruch bis auf wenige Ausnahmen als verfallen. Dieser Automatismus gilt nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 6. November 2018 nicht mehr (Az.: C-619/16 und C-684/16). Demnach ist der Urlaubsanspruch am Jahresende nicht automatisch verloren, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht beantragt hat.

„Der Automatismus, dass der Urlaubsanspruch am Jahresende verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht genommen hat, geriet in die Kritik. Hintergrund ist die Überlegung, dass einige Arbeitnehmer absichtlich keinen Urlaubsantrag stellen, weil sie dadurch Nachteile am Arbeitsplatz befürchten“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Joachim Albertz, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei MBK Rechtsanwälte. Das Bundesarbeitsgericht legte dem EuGH deshalb die Frage vor, ob der Arbeitgeber nach europäischem Recht verpflichtet ist, für die Gewährung des Urlaubs zu sorgen. Eine ähnliche Anfrage hatte auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gestellt.

Die Entscheidung des EuGH fiel arbeitnehmerfreundlich aus. In beiden Fällen endeten die Arbeitsverhältnisse zu einem festgelegten Termin und in beiden Fällen hatten die Arbeitnehmer ihren Urlaub noch nicht vollständig genommen. Daher verlangten sie, dass ihr Urlaubsanspruch in Geld abgegolten wird.

Der EuGH urteilte, dass jeder Arbeitnehmer das Grundrecht auf Urlaub habe. Für den Arbeitgeber ergebe sich daraus die Verpflichtung, den Urlaub auch zu gewähren oder eine entsprechende Vergütung zu zahlen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, der Arbeitnehmer aber noch Anspruch auf Urlaub hat. Diesen Anspruch auf Gewährung des Urlaubs oder entsprechende Vergütung könnten die Arbeitnehmer nicht deshalb verlieren, weil sie keinen Urlaubsantrag gestellt haben. Im Todesfall des Arbeitnehmers falle der Anspruch sogar in die Erbmasse.

Der Anspruch könne nur dann entfallen, wenn der Arbeitgeber dafür gesorgt hat, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub hätte rechtzeitig nehmen können. Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten deshalb nicht in den Zwangsurlaub schicken, er muss ihn aber über die Folgen des Urlaubsverzichts aufklären und dies auch beweisen können, so der EuGH.

„Nach dieser Entscheidung können Arbeitnehmer prüfen, ob sie noch Urlaubsansprüche geltend machen können. Arbeitgeber müssen sich damit auseinandersetzen, ob sie ihre Mitarbeiter ausreichend informiert haben und dies im Zweifelsfall auch beweisen können. Unter Umständen müssen die Arbeitsverträge um diese Informationen ergänzt werden“, so Rechtsanwalt Dr. Albertz.

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Arbeitgeber müssen Reisezeiten entgelten

Dass Arbeitgeber Reisezeiten bei Auslandsentsendung wie Arbeit vergüten müssen, ist Konsequenz eines aktuellen Urteils des Bundesarbeitsgerichtes vom 17.10.2018. Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind für die Hin- und Rückreise erforderliche Zeiten wie Arbeit zu vergüten. Maßgeblich sei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt (Az.: 5 AZR 553/17).

Im vorliegenden Fall ist der Kläger bei dem beklagten Bauunternehmen als technischer Mitarbeiter beschäftigt. Er ist vertraglich verpflichtet, auf wechselnden Baustellen im In- und Ausland zu arbeiten. Eine vertragliche Regelung über die Reisezeit und deren Vergütung fehlt. Der Arbeitgeber zahlte an den Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils acht Stunden für die vier Reisetage. Tatsächlich war der Kläger aber sehr viel mehr Stunden unterwegs, nämlich weitere 37 Stunden.

Mit der Klage verlangte er die Bezahlung dieser weiteren 37 Stunden. Nachdem das Arbeitsgericht zunächst die Klage abgewiesen hatte, hatte das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers und der Klage stattgegeben, das BAG hat folgendes festgestellt: Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland entsendet, erfolgen die Reisen zur auswärtigen Arbeitsstelle und von dort zurück ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers. Sie sind daher in der Regel wie Arbeit zu vergüten. Erforderlich sei dabei grundsätzlich die Reisezeit, die bei einem Flug in der Economy-Class anfalle. Da hierüber von Seiten des LAG keine Feststellung getroffen wurden, wurde die Angelegenheit deswegen unter Aufhebung des Urteils des LAG zurückverwiesen.

Von daher ist besonders wichtig, dass Arbeitgeber, die Arbeitnehmer ins In- und Ausland auf wechselnden Arbeitsstellen einsetzen, eine Regelung in ihren Arbeitsvertragen über die Vergütung von Reisetätigkeiten treffen. Der Arbeitgeber hatte dies im vorliegenden Fall unterlassen. Ob und in welchem Umfang die Reisezeit dann im Arbeitsvertrag als vergütungspflichtige Arbeitszeit geregelt wird, wäre individuell zu überprüfen.

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Kein Anspruch auf Verzugspauschale bei verspäteter Gehaltszahlung

Laut einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes hat ein Arbeitgeber keinen Anspruch auf Verzugspauschale bei einer verspäteten Gehaltszahlung (Az. 8 AZR 26/18).

Ist das Gehalt nicht pünktlich auf dem Konto des Arbeitnehmers, kann dieser trotz der verspäteten Lohnzahlung keine Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro verlangen. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25. September 2018 entschieden.

Befindet sich ein Vertragspartner mit der Zahlung in Verzug, kann der Gläubiger nach § 288 Abs. 5 BGB neben den Verzugszinsen die Zahlung einer zusätzlichen Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro verlangen. „Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts besteht dieser Anspruch aber nicht, wenn der Arbeitgeber mit der Zahlung des Gehalts in Verzug geraten ist“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Arne Kaumanns, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei MBK Rechtsanwälte in Mönchengladbach.

In dem zu Grunde liegenden Fall war der Kläger seit Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt und nahm diesen wegen ausstehender Zahlungen für drei Monate in Anspruch. Zusätzlich verlangte er für jeden Monat die Zahlung der Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro nach  § 288 Abs. 5 BGB. In den Vorinstanzen hatte die Klage Erfolg. Der BAG wies die Klage jedoch ab. Die Erfurter Richter räumten zwar ein, dass § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch Anwendung findet, wenn sich der Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug befindet. Allerdings schließe § 12a Arbeitsgerichtsgesetz als spezielle arbeitsrechtliche Regelung einen Kostenerstattungsanspruch bei erstinstanzlichen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen aus. Damit werde auch ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch und somit auch ein Anspruch auf Pauschalen ausgeschlossen, begründeten die Erfurter Richter ihre ablehnende Haltung.

„Es war lange strittig, ob die Verzugspauschale auch im Arbeitsrecht Anwendung findet, wenn sich der Arbeitgeber mit seinen Zahlungen in Verzug befindet. Mit seinem Urteil hat das BAG für Klarheit gesorgt. Demnach kommt die Verzugspausche zumindest bei erstinstanzlichen Entscheidungen nicht in Betracht“, so Rechtsanwalt Dr. Kaumanns.

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Rückzahlung einer tariflich vereinbarten Sonderzahlung nach Kündigung

Das Bundesarbeitsgericht hat zum Thema “Rückzahlung einer tariflich vereinbarten Sonderzahlung nach Kündigung” Stellung bezogen (Az.: 10 AZR 290/17). Arbeitnehmer freuen sich verständlicherweise über Sonderzahlungen wie ein 13. Monatsgehalt. Allerdings können Arbeitgeber tariflich vereinbarte Sonderzahlungen zurückverlangen, wenn diese davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Stichtag auch noch besteht. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 27. Juni 2018 erneut bestätigt.

Tariflich vereinbarte Sonderzahlungen sind in Arbeitsverträgen keine Seltenheit. Sie dienen u.a. dazu, den Arbeitnehmer für seine Leitungen oder auch für seine Treue zum Betrieb zu belohnen. Der Arbeitnehmer hat aber nicht in jedem Fall Anspruch auf die Sonderzahlung. Denn die Zuwendung kann davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis auch noch zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums im Folgejahr besteht.

Das BAG hat in dem zu Grunde liegenden Fall einen Busfahrer zur Erstattung einer Sonderzahlung verurteilt. In seinem Arbeitsvertrag war der Anspruch auf eine Sonderzahlung bis zum 1. Dezember tariflich vereinbart. Die Vereinbarung sah aber auch vor, dass der Arbeitnehmer die Sonderzuwendung zurückzahlen muss, wenn er bis zum 31. März des Folgejahres durch eigenes Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet. Genau das war der Fall. Der Busfahrer hatte den Arbeitsvertrag zum Januar 2016 gekündigt, im November 2015 aber die Sonderzuwendung erhalten. Der Arbeitgeber verlangte die Sonderzahlung nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß der tariflichen Regelung zurück.

Dagegen wehrte sich der Busfahrer. Die Tarifvorschrift verstoße als unverhältnismäßige Kündigungsbeschränkung gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit. Wie schon in den Vorinstanzen hatte der Busfahrer auch vor dem BAG keinen Erfolg. Die Rückzahlungsverpflichtung aus der tariflichen Stichtagsregelung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, urteilten die Erfurter Richter. Aufgrund der Tarifautonomie stehe den Tarifvertragsparteien ein größerer Gestaltungsspielraum zu als Arbeitgebern bei der Formulierung des Arbeitsvertrags. Die Tarifparteien seien nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es reiche aus, wenn es für die getroffene Regelung einen sachlich vertretbaren Grund gebe, so das BAG.

„Anders hätte es allerdings ausgesehen, wenn die Rückzahlungsregelung als Allgemeine Geschäftsbedingung in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden wäre. Dann wäre sie unwirksam gewesen. In diesem Zusammenhang verwiesen die Erfurter Richter auf ein älteres BAG-Urteil, wonach Sonderzahlungen mit Mischcharakter nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden können“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Joachim Albertz, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei MBK Rechtsanwälte.

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Vergleich über Abfindung aus Sozialplan ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich

Ein Vergleich über eine Abfindung aus einem Sozialplan wird nur mit Zustimmung des Betriebsrats wirksam. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 25. April 2017 festgelegt (Az.: 1 AZR 714/15).

Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses verständigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vielfach auf die Zahlung einer Abfindung. Entsprechende Vereinbarungen werden oft im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Sozialplans mit dem Betriebsrat geschlossen. Dann müssen Arbeitgeber aufpassen: Wurde eine entsprechende Vereinbarung mit dem Betriebsrat geschlossen, kann der Arbeitnehmer auch nur mit Zustimmung des Betriebsrates auf Ansprüche aus der Vereinbarung verzichten. Abgeltungsklauseln zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind ohne diese Zustimmung ungültig. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 25.04.2017 bekräftigt .

In dem Fall hatte sich der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat auf einen Sozialplan verständigt. Dieser sah u.a. vor, dass die Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Abfindung haben. Die Klägerin wurde betriebsbedingt gekündigt. Aufgrund eines Betriebsübergangs war allerdings unklar, ob der Sozialplan auch für die Klägerin gilt. Daher klagte sie ihren Anspruch auf die Abfindung ein. Die Parteien einigten sich in einem Vergleich auf eine Abfindung in Höhe von 150.000 Euro. Das waren rund 65.000 Euro weniger als im Sozialplan vorgesehen. Zusätzlich vereinbarten die Parteien noch eine Abgeltungsklausel, nach der alle gegenseitigen Ansprüche erloschen sind.

Dennoch machte die Klägerin später die Zahlung des Differenzbetrags geltend. Dies begründete sie damit, dass die Abgeltungsklausel unwirksam sei, weil der Betriebsrat dem Verzicht auf ihren Anspruch aus dem Sozialplan nicht zugestimmt hat. Das BAG entschied, dass der Anspruch der Klägerin berechtigt sein könnte. Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG sei ein Verzicht auf Rechte des Arbeitnehmers aus einer Betriebsvereinbarung nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Auch ein teilweiser Verzicht eines Anspruchs aus dem Sozialplan könne daher nur mit Zustimmung des Betriebsrats wirksam sein. Da das Landesarbeitsgericht zu diesem Aspekt keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatte, verwies das BAG den Fall zurück.

„Die Regelung des Paragraphen 77 Abs. 4 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz kann für Arbeitgeber ein echter Stolperstein sein. Vergleiche und Abgeltungsklauseln können dadurch hinfällig werden. Idealerweise sollten entsprechende Vereinbarungen mit Zustimmung des Betriebsrats getroffen werden“, sagt Rechtsanwalt Dr. Joachim Albertz, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei MBK Rechtsanwälte.

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BAG zu Ausschlussklauseln und Mindestlohn

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 18.09.2018 für eine wichtige Entscheidung gesorgt, die viele Arbeitnehmer treffen könnte. Das Verfahren zum Aktenzeichen  9 AZR 162/18 befasste sich mit der Unwirksamkeit von Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen, wenn die Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich von der Klausel ausgenommen sind.

Ausschlussklauseln sind im Arbeitsvertrag ein wichtiges Instrument, um sich vor Ansprüchen der anderen Partei nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzusichern und möglichst schnell Rechtssicherheit zu schaffen. „Nach der Entscheidung des BAG sollten die Ausschlussklauseln dahingehend überprüft werden, ob die Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn ausdrücklich aus der Vereinbarung ausgenommen sind, da ansonsten die Ausschussklausel insgesamt unwirksam ist. Das bedeutet in der Praxis, dass Ansprüche auch nach Ablauf der Ausschussfrist noch geltend gemacht werden können“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Arne Kaumanns, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei MBK Rechtsanwälte in Mönchengladbach. Und weiter: “Das gilt zumindest für Arbeitsverträge, die nach dem 31.12.2014 geschlossen wurden.”

In dem aktuellen Fall hatte der Arbeitgeber einen 2015 geschlossenen Arbeitsvertrag mit einem Fußbodenleger gekündigt. In dem Arbeitsvertrag war geregelt, dass alle gegenseitigen Ansprüche innerhalb einer Frist von drei Monaten geltend gemacht werden müssen und ansonsten verfallen. Der Fußbodenleger hatte nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf die Abgeltung seiner Urlaubstage. Diesen Anspruch machte er allerdings erst nach Ablauf der Ausschlussfrist geltend.

Der Arbeitnehmer-Anspruch ist dennoch nicht verfallen, entschied das BAG. Denn eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Klausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche und damit auch den garantierten Mindestlohn erfasst, verstoße gegen das Transparenzgebot und sei darum insgesamt unwirksam, so die Erfurter Richter. Denn nach § 3 Satz 1 Mindestlohngesetz sind alle Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, unwirksam. „Damit muss in einer arbeitsvertraglichen Ausschussklausel ausdrücklich klargestellt werden, dass Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn von dieser Klausel nicht erfasst sind“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Kaumanns, der Arbeitgebern empfiehlt: “Nach dem Urteil des BAG sollten Ausschlussklauseln in bestehenden Arbeitsverträgen überprüft und ggf. überarbeitet werden, damit sie nicht unwirksam sind.”

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Befristeter Arbeitsvertrag mit und ohne Sachgrund

Die Befristung von Arbeitsverträgen droht auch in den Koalitionsverhandlungen zum Streitthema zu werden. Im Kern geht es dabei um die Abschaffung befristeter Arbeitsverträge ohne Sachgrund.

„Nach der aktuellen Rechtslage kann ein Arbeitsvertrag befristet abgeschlossen werden, ohne dass es einen sachlichen Grund für die Befristung gibt. Liegt kein Sachgrund vor, ist die Befristung im Allgemeinen maximal nur für die Dauer von zwei Jahren möglich. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Arbeitsvertrag bis zu drei Mal verlängert werden. In der Praxis heißt das, dass ein Arbeitsvertrag beispielsweise zunächst zeitlich befristet für ein halbes Jahr abgeschlossen und dann noch drei Mal für jeweils sechs Monate verlängert werden kann, ohne dass ein sachlicher Grund für die Befristung notwendig ist. Ob dies auch künftig so sein wird, werden die Koalitionsverhandlungen zeigen müssen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Joachim Albertz, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei MBK Rechtsanwälte.

Unberührt von den aktuellen Diskussionen bleiben offenbar Arbeitsverträge, die aus einem sachlichen Grund befristet sind. Unterschieden werden muss dabei zwischen einem zweckbefristeten und einem zeitlich befristeten Arbeitsvertrag.

Ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag wird für die Erreichung eines bestimmten Zwecks abgeschlossen. Er endet nicht zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt, sondern wenn ein bestimmtes Ziel erreicht, z.B. ein Projekt abgeschlossen, ist. Ein häufiges Beispiel für zweckbefristete Arbeitsverträge sind Krankheitsvertretungen. Der zeitlich befristete Arbeitsvertrag endet hingegen zu einem vorher festgelegten Datum.

Sachgründe für die Befristung eines Arbeitsvertrags können beispielsweise ein nur vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung, die Vertretung eines Arbeitnehmers, die Befristung zur Erprobung oder nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellte Haushaltsmittel sein.

Bei Vorliegen eines Sachgrunds können Arbeitsverträge auch mehrfach hintereinander befristet abgeschlossen werden. „Vorsicht ist aber geboten“, so Fachanwalt Dr. Albertz. „Denn die Befristung kann unwirksam sein. Dann wird aus einem befristeten auch schnell ein unbefristeter Arbeitsvertrag.“

So muss der Arbeitgeber beispielsweise begründen können, warum der Bedarf an zusätzlicher Arbeitsleistung nur für einen bestimmten Zeitraum besteht. Ohne eine stichhaltige Prognose, dass mit hinreichender Sicherheit nach Ende des befristeten Arbeitsvertrags kein Bedarf mehr an der Arbeitsleistung besteht, kann die Befristung unwirksam sein, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. Juli 2017 zeigt (Az.: 17 Sa 172/17).

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte eine Universität einen zeitlich befristeten Arbeitsvertrag über rund zwei Jahre abgeschlossen. Begründet wurde die Befristung mit dem erhöhten Bedarf in der Studienberatung aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge. Nach den zwei Jahren werde nicht mehr mit diesem zusätzlichen Bedarf gerechnet. Die Frau übernahm neben der Studienberatung noch weitere Aufgaben und beantragte schließlich die Entfristung des Vertrags. Die Universität lehnte ab, die Frau klagte und hatte Erfolg.

Der Arbeitgeber hätte anhand konkreter Anhaltspunkte eine Prognose erstellen müssen, dass nach Ablauf des Vertrags kein dauerhafter Bedarf an der Arbeitsleistung bestehe. Nur eine allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit reiche für die Befristung nicht aus, so das LAG.

„Das Urteil zeigt, dass Arbeitgeber bei der Befristung von Arbeitsverträgen wachsam sein und die Verträge möglichst detailliert gestalten sollten, um später rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden“, so Rechtsanwalt Dr. Albertz.